@glider
glider hat geschrieben:
Nur mein authentic self(mind)/Geist wird in einem Körper platziert, besser gefällt mir der Ausdruck 'verschränkt'(tangled).
Der wissenschaftliche Ausdruck von ”Verschränkung“ meint Verbundenheit und nicht, dass sich das Eine als Inhalt in dem Anderen befindet. Wenn auch du diese wissenschaftliche Bedeutung von Verschränktheit meinen solltest, dann ist deine Aussage unwahr, nämlich, dass der Geist als Inhalt in einem Körper platziert ist. Er ist durchaus mit dem Körper verbunden, aber kein Inhalt von ihm.
Den Eindruck, den jeder von uns hat, durch unsere Augen aus unserem Körper in die Welt hinauszuschauen (daher kommt die Schlußfolgerung, der Geist befände sich als Inhalt im Körper), dieser Eindruck ist eine Illusion, allerdings nicht im Sinne von Täuschung, sondern von Notwendigkeit.
Nun ein paar Anmerkungen zu den von dir zitierten Aussagen des Addnan Sattar:
Unsere Wahrnehmung hat einen Fokus.
Der Mensch, der diese Aussage gemacht hat, zäumt das Pferd von hinten auf und merkt es nicht mal. Begründung: Wahrnehmung hat keinen zusätzlichen Fokus, sondern ein Fokus ermöglicht Wahrnehmung. Wahrnehmung ist eine Folge von Aufmerksamkeit, das heißt, es benötigt zuerst einen Fokus mit bestimmte Qualitäten (=das sind dann die Wahrnehmungsfähigkeiten), damit es etwas gibt, womit man dann wahrnehmen kann. Andersherum funktioniert das nicht.
Dieser Fokus wird automatisch auf bestimmte Inhalte unseres Bewusstseins, die für uns von Interesse sind, gelenkt.
Es gibt keine solche Automatik. Zudem setzt jede Automatik einen Erschaffer voraus, dem die Automatik dann für einen bestimmten Zweck eine Hilfe ist. Wenn ich beispielsweise den Eindruck habe, es aus Interesse nicht vermeiden zu können, allen schönen Frauen auf der Straße nachzuschauen, dann ist das keine Automatik, sondern eine Gewohnheit. Eine Automatik wäre es, wenn ich nicht mehr die Wahl habe, anderswo hinschauen zu können, denn Automatiken beinhalten keine Möglichkeit, sich anders entscheiden zu können. Man muss sie abschalten, erst dann kann ich mir auch die coolen Autos am Straßenrand anschauen und verpasse sie nicht. EIn Fokus ist daher niemals etwas Automatisches, wie dieser Autor irrtümlich schreibt.
Beide - das Unbewusste und die bewussten Prozesse - bilden zusammen die Basis für unser bewusstes Erleben.
Was die Aussage bezüglich des Erlebens betrifft, stimme ich zu. Allerdings nicht, dass es die Basis ist. Begründung: Das, was einem auch immer bewusst bzw. nicht bewusst ist, ist keine Basis, sondern eine Folge. Die Basis von allem, was einem bewusst sein kann, ist Aufmerksamkeit. Denn es gibt kein Bewusstsein ohne Aufmerksamkeit. Doch es gibt sehr wohl Aufmerksamkeit, ohne dass dir etwas bewusst sein kann (Stichwort: traumloser Tiefschlaf). Andersherum, wie der Autor es irrtümlicherweise vermutet, funktioniert das nicht.
Zusammenfassung:
Vor der Veröffentlichung seines Buches, hätte der Autor zunächst mal seine eigenen persönlichen Erfahrungen gründlicher analysieren sollen. Er ist jemand, dem es noch nicht gelungen ist, den Unterschied zwischen Aufmerksamkeit und Bewusstsein intellektuell zu durchdringen.
Nun zu deinen Folgefragen.
glider hat geschrieben:
Ist für Dich Aufmerksamkeit metrikfrei, ein Meer aller Möglichkeiten, ein Hologramoid anstelle meines Vakuums?
Nein, das kann ich nicht bestätigen. Allein die Aussage, dass Aufmerksamkeit gleichbedeutend mit einem Meer an Möglichkeiten verstanden werden könnte, ist ausgeschlossen. Begründung:
Möglichkeiten sind eine andere Bezeichnung für Vorstellungen. Und Aufmerksamkeit ist nun mal keine Vorstellung und beinhaltet auch keine. Sie ist vielmehr die a priori vorhandene Instanz (=vor dem Zustandekommen einer Vorstellung), die Vorstellungen jeglicher Art erst ermöglicht. Vorstellungen können einem bewusst sein, das heißt, sie gehören zum Bewusstsein. Aber sie sind keinesfalls ein Bestandteil von Aufmerksamkeit, weil Aufmerksamkeit singulär ist und keine Bestandteile hat.
glider hat geschrieben:
Kann für Dich Aufmerksamkeit ein 'Sein' sein,
Ja, dem stimme ich zu. Das kann ich bestätigen. Aufmerksamkeit ist das einzige singuläre Sein, das es gibt.
glider hat geschrieben:
eine Art quantum mindfulness anstatt quantum consciousness ?
Nein, das kann ich wiederum nicht bestätigen, weil Aufmerksamkeit kein Behältnis ist, in dem sich etwas anderes als Aufmerksamkeit befinden könnte. Aufmerksamkeit ist kein dieses oder jenes. Sie hat weder eine Form, eine Farbe, eine Dauer oder Uhrzeit, oder irgendein Design. Sie befindet sich a priori vor Allem, während Allem, und auch nach Allem, was einem auch immer bewusst sein kann. Sie ist die Basis. Und Bewusstsein in all seinen Ausprägungsformen ist ihre Folge.
Das könnte jeder verstehen, der in der Lage ist, unterscheiden zu können zwischen dem,
- WAS ihm jeweils bewusst sein kann
zu dem
- WOMIT ihm etwas bewusst sein kann.
Dieses ”womit“ ist Aufmerksamkeit. Doch das, was er damit auch immer bemerken kann, sprich, was auch immer ihm bewusst sein kann, ist keine Aufmerksamkeit, sondern ein sogenannter Bewusstseinsinhalt, sprich Bewusstsein. Auch hier möchte ich nochmals auf den eingangs erwähnten Unterschied zwischen "Verschränkung/Verbindung" und "Inhalt" hinweisen. Das heißt: Aufmerksamkeit ist zwar mit Allem verschränkt sprich verbunden, aber sie ist weder ein Inhalt von irgendetwas noch beinhaltet sie selbst irgendetwas.
In diesem Zusammenhang gibt es eine Aussage, die es auf den Punkt bringt. Sie lautet:
Der Wissende ist nicht das Gewusste.
Verstehst du (oder jemand anderer hier) das?