Wir haben im Chat schon öfter über das Thema Feminismus gesprochen und da oft Fragen gestellt wurden wie: „Was ist Feminismus eigentlich genau?“, „Gibt es männliche Feministen?“, „Warum heißt es Feminismus, wenn die Aktivist*innen sich für alle Geschlechter einsetzen?“, dachte ich mir, ich sag einfach mal, was Feminismus für mich bedeutet und stoß eine Diskussion an. Überall fällt mir auf, dass der Begriff Feminismus bei vielen sofort Ablehnung auslöst, auch wenn sie sich noch nicht näher damit beschäftigt haben. Feminist*innen haben leider und unberechtigterweise einen schlechten Ruf, die üblichen Stereotype sind „Feministinnen sind entweder Single oder lesbisch, verbrennen als Rebellion gegen die Geschlechterordnung ihre BHs und haben Haare unter den Armen, hassen Männer und haben einfach keinen Humor“. Damit würde ich ganz gern mal aufräumen.
Vorab nur noch: ich kann wirklich nicht alles, was zum Feminismus gehört, hier schreiben - das würde sonst ein ganzes Buch werden. Aber vielleicht kann ich so ein bisschen zeigen, warum ich persönlich das Thema sehr wichtig finde und es sich meiner Meinung nach lohnt, sich näher damit auseinander zu setzen und manchmal einen etwas kritischeren Blick auf bestimmte Situationen und Aussagen zu werfen.
Also was ist Feminismus? Gibt es eine einfache erste Definition dafür?
Es gibt viele lange Erklärungen, die versuchen zu sagen, was Feminismus ist. Aber alle stimmen in dem Punkt überein, dass es um gleiche Rechte geht, um Chancengleichheit unabhängig vom Geschlecht (sowohl biologisches als auch soziales Geschlecht!).
Wikipedia sagt:
„Das Private ist politisch“Feminismus (abgeleitet von französisch féminisme) ist sowohl eine akademische als auch eine politische Bewegung, die für Gleichberechtigung, Menschenwürde, die Selbstbestimmung von Frauen sowie das Ende aller Formen von Sexismus eintritt.
Viele Leute, die zwar den „Sinn“ der vergangenen Frauenbewegungen verstehen, fragen sich heute oft, warum wir immer noch Feminismus brauchen - schließlich dürfen Frauen ja wählen, arbeiten, sich scheiden lassen etc. Einerseits gibt es immer noch Länder, in denen Frauenbewegungen noch nicht so viel erreicht haben wie hier und in denen Frauen immer noch unter schlimmen rechtlichen Einschränkungen zu leiden haben, in denen weibliche Genitalien verstümmelt werden und in denen Frauenhandel normal ist. Dagegen geht es den Frauen in Deutschland besser. Aber selbst in Deutschland wurde Vergewaltigung in der Ehe erst 1997 verboten. Und auch heute gibt es immer noch weniger Frauen in Führungspositionen, Politik etc pp. als Männer.
Aber um zu verdeutlichen, warum Feminismus Jedem hilft: Feminismus bedeutet auch, dass jeder die Person sein kann, die er sein möchte - ohne den Druck von Geschlechterrollen und Geschlechternormen. Wir stellen heute kaum in Frage, inwiefern das, was wir im Alltag tun eigentlich ein Resultat von Geschlechterzuweisungen ist. Frauen gewöhnen sich an, leiser und femininer zu reden/zu lachen, „müssen abnehmen“, bekommen die Schuld, wenn sie vergewaltigt wurden, weil sie sich zu aufreizend angezogen haben. Männer haben das Gefühl, immer stark und selbstbewusst sein zu müssen, zweifeln an sich, wenn ihre Lebensgefährtin womöglich mehr verdient als sie selbst und vermeiden alles, was sie „verweichlicht“ wirken lassen könnte. Allein in der Beleidigung an einen Mann „Du Mädchen!“ zeigt sich, wie unterschiedlich die Geschlechter bewertet werden. Wären wir nicht viel glücklicher, wenn wir keine Rollen zu erfüllen hätten? Wenn wir so männlich und weiblich sein dürften, wie wir wollen, ohne uns Kommentare dazu anhören zu müssen, dass wir nicht in das Schema passen?
Sexismus
Es ist sexistisch, Männer und Frauen auf ihre biologischen Eigenschaften zu reduzieren. Und es ist einfach so, dass Frauen immer noch mehr von sexistischen Aussagen betroffen sind als Männer, d.h. Frauen werden oft als den Männern nicht ebenbürtig angesehen, auf ihre „weibliche Natur“ oder ihr Aussehen reduziert. Aussagen wie „Frauen an den Herd“ und Werbung in denen Frauen halbnackt Autos anpreisen, mögen in bestimmten Situationen vielleicht scherzhaft gemeint sein, aber Worte erzeugen Realität, ob sie ironisch gemeint sind oder nicht. Und an alle Videospieler: die Geschlechterordnung wird auch in Spielen immer weiter reproduziert und verfestigt sich somit unbewusst in uns. Deswegen ist es wichtig, alles kritisch zu hinterfragen. Muss ich jetzt schon wieder einen männlichen Helden spielen, der super tough ist, vor nichts Angst hat und die hilflose (meist großbusige) Frau aus der Gefangenschaft meines Feindes befreien?
Feminismus vs. Humanismus
Also wenn auch Männer vom Feminismus profitieren, warum nennt man das nicht einfach Humanismus? Feminist*in und Humanist*in zu sein schließen sich ja nicht aus. Misogynie existiert nun einmal und es ist wichtig, nicht zu vergessen, dass Frauen systematisch unterdrückt und diskriminiert werden. Wenn der Feminismus einfach umbenannt werden würde, würde man bestreiten, dass es eine Geschlechterhierarchie gibt und damit wäre der ganze Sinn und Zweck des „Equalism“ ohnehin zerstört.
So, das waren erst einmal ein paar Gedanken von mir. Ich bin gespannt auf eure Meinung!