Vor ein paar Jahren konnte ich Erinnerung und Traum nie unterscheiden, weil die Träume so erschreckend realistisch waren. Allerdings nur nach dem Aufwachen, einige Zeit später wurde mir auch wieder bewusst, wie die Realität wirklich aussieht. Mittlerweile habe ich das "eigentlich" ganz gut im Griff, nur scheint es in letzter Zeit nicht mehr zu klappen.
Aber um das besser zu verstehen, müsste man meine Vorgeschichte kennen. Ich arbeite schon daran.
EDIT:
Puh, das hat länger gedauert als erwartet.
Ich hoffe, es ist nicht ZU ausführlich und irgendjemand liest es trotzdem. ^^'
Ich muss im Jahre 2008 zu erzählen beginnen. In diesem Jahr ging meine langjährige Beziehung zu meinem damaligen Freund zu Ende. Das kam für mich völlig überraschend und grundlos. Dazu kam, dass ich zu dem Zeitpunkt unerwartet schwanger war (mein Freund wusste davon jedoch nichts), das Kind aber nach der Trennung verlor. Was darauf folgte, war eine lange Depressionsphase. Ich war ziemlich abhängig von meinem Freund und konnte die Trennung absolut nicht verkraften. Die Fehlgeburt hat die Situation auch nicht einfacher gemacht (ich hatte mich eigentlich sehr auf das Kind gefreut, trotz Trennung).
Es folgten monatelange Albträume, die die absolute Hölle für mich waren. Jede Nacht träumte ich in irgendeiner Weise von meinem Freund (nennen wir ihn P), und zwar so realistisch, dass ich nach dem Aufwachen nicht mehr wusste, was nun Traum oder Realität war. Ich träumte, ich hätte die Trennung von P nur geträumt. Ich träumte, er wäre bei einem Autounfall ums Leben gekommen und seine Eltern hätten mir die (schriftliche) Trennung nur vorgespielt, damit es mich nicht so sehr trifft. Ich träumte, es wäre alles nur ein dummes Missverständnis gewesen. Ich träumte, P wäre dazu gezwungen worden. Klingt alles völlig absurd, aber trotzdem erschien es mir im Traum absolut logisch, denn ALLES wäre nachvollziehbarer gewesen als dass er mich einfach so sitzen lässt. (Er hatte mir täglich beteuert, wie sehr er mich doch liebt, dass ich seine Seelenverwandte bin, dass wir für immer zusammenbleiben würden, waren bereits verlobt, waren gemeinsam auf Wohnungssuche, etc. Natürlich hatte ich das damals alles durch die rosarote Brille gesehen, daher war es für mich wirklich unvorstellbar, dass er sich von einem Tag auf den anderen plötzlich von mir trennen könnte, ohne irgendeinen triftigen Grund zu nennen.) Jedenfalls war es so schlimm, dass ich manchmal morgens aufwachte und ihm eine SMS schreiben wollte, was ich Verrücktes geträumt habe. Manchmal bin ich hinterher nochmals eingeschlafen und habe weitergeträumt, er hätte mir geantwortet, dass ich doch hätte wissen können, dass es nur ein Albtraum war, weil er sich doch niemals von mir trennen würde. Beim nächsten Aufwachen hatte ich verzweifelt die SMS gesucht, die natürlich nie existierte. Dazu kamen noch etliche Träume von Fehlgeburten. Es hat mich in den Wahnsinn getrieben und es ging so weit, dass ich irgendwann Angst vor dem Einschlafen - bzw. manchmal eher vor dem Aufwachen - hatte.
Irgendwann habe ich mir gesagt, dass es so nicht weitergehen kann und ich mich irgendwie ablenken muss. Ich fing an, mich abends mit verschiedenen Dingen zu beschäftigen, in der Hoffnung, es würde mich ablenken, wie z. B. meine Musiksammlung zu sortieren und in Foren darüber zu fachsimpeln. Irgendwie hatte das am besten funktioniert, ich hatte dort wieder Freunde gefunden, wusste mit meiner Freizeit etwas anzufangen. So entstand dann auch meine Schwärmerei für einen bestimmten Sänger, nennen wir ihn N. All das Gerede mit anderen Fans über N konnte mich wirklich hervorragend ablenken. Ich fing an, manchmal davon zu träumen. Einfach die Musik zu hören. Ein Konzert zu besuchen. N zu sehen. Wenn ich davon träumte, gab es keinen P und ich konnte wieder erholsam schlafen. Es mag vielleicht erbärmlich klingen, aber ich habe mich immer mehr darauf konzentriert, weil es mir einfach gut tat, bis ich schließlich einen Schlüsseltraum hatte. Ich nenne ihn so, weil er einfach vieles verändert hat. Es war vielleicht kein Klartraum, denn ich wusste nicht, dass ich träume, ich hatte nicht die Kontrolle, die Traumwelt sah anders aus als die echte (es war "mein" Zimmer zu Hause, aber es sah nicht so aus, trotzdem war es aber mein Zimmer), aber er war ziemlich realistisch und ich kann mich noch heute an jedes Detail erinnern, und seither fiel es mir leichter, mich von den Träumen mit P zu lösen.
In diesem Schlüsseltraum liege ich Bett und bin zu deprimiert, um auch nur einen Hauch von Motivation für irgendetwas zu zeigen. Ich weigere mich zur Arbeit zu gehen, zu essen, zu trinken, mich überhaupt zu bewegen. Meine Mutter ist verzweifelt, weiß nichts mit mir anzufangen, und sie ist selten richtig verzweifelt. Mir geht es also wirklich mies. Dann geht die Türe auf und meine Mutter spricht zu mir. Ich ignoriere sie wie üblich. Sie hätte mir jemanden mitgebracht, sagt sie. Sie hätte ihn zufällig auf der Straße getroffen und ihn gefragt, ob er mir nicht einen Besuch abstatten möchte. Ich sehe zur Tür und N betritt den Raum. Aber selbst N kann mir nicht helfen. Nur P kann das. Ich ignoriere N und starre weiterhin mechanisch zur Decke. N setzt sich neben mich und erzählt, meine Mutter hätte ihm gesagt, dass es mir sehr schlecht gehe und er mir vielleicht helfen könne. Ich antworte nicht, also spricht er einfach weiter. Er erzählt, wie schön die Welt ist, was ihm Freude bereitet, worüber er lachen muss, singt sogar einfach vor sich hin, weil ihm gerade danach ist... Er ist so voll positiver Energie, dass ich mich irgendwann ein wenig anstecken lasse. Ich weiß nicht, wie er es macht, aber irgendwie kommt er zu mir durch.
Schließlich kann ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Ich bin neidisch und möchte auch so glücklich sein. Es ist unfair, jemanden so glücklich sehen zu müssen, während ich todunglücklich bin. Ich bewerfe ihn mit all meiner negativen Einstellung, doch er lässt sich davon nicht beeindrucken und kehrt alles ins Positive um. Ich habe keine Ahnung, wie er es schafft, aber es beeindruckt mich zutiefst. Ich frage ihn danach und er antwortet, dass ich die Lösung bereits weiß. Es ist alles in meinem Kopf. Ich muss es nur zulassen. Ich soll die negativen Dinge begraben und auch positive Dinge in mein Leben lassen. Mein Leben wäre nicht sinnlos und unglücklich. Ich soll die guten Seiten daran erkennen und zu schätzen wissen. Das sei auch sein Erfolgsrezept gewesen, endlich ein glückliches Leben zu haben. Mir leuchtet ein, was er sagt, denn ich weiß, dass er es in seinem Leben auch nicht einfach hatte, aber es nun im Griff hat und viel glücklicher ist. Er hat alles richtig gemacht. Ich frage ihn, ob er mir dabei helfen kann, mein Leben wieder auf die Reihe zu kriegen. Er antwortet, dass das alles nur in meinem Kopf passiert und ich selbst für mein Leben verantwortlich bin. Ich möchte trotzdem, dass er mir hilft. Wenn du willst, bin ich gerne immer für dich da, sagt er. In diesem Moment wünsche ich mir, er könnte sich einfach neben mich legen, mich in die Arme nehmen und einfach für mich da sein. Und er tut es. Ich kann mich zum ersten Mal richtig bei jemandem ausheulen. Er beschwert sich nicht, er sagt nichts, er tut nichts, er ist einfach nur da und bietet mir eine Schulter zum Ausweinen. Nach einiger Zeit fühle ich mich richtig gut und schlafe irgendwann in seinen Armen ein - und wache gleichzeitig in der Wirklichkeit auf. Und ich fühle mich gut und entspannt, genau wie im Traum.
Natürlich musste ich feststellen, dass es nicht real war, aber der Traum hat mir so gut getan, dass ich immer wieder versucht hab, ihn noch mal zu träumen. Mit der Zeit ist mir das auch immer besser gelungen. In der Zwischenzeit stelle ich mir ein anderes Zimmer vor, da ich mittlerweile natürlich eine eigene Wohnung hab. Mir war auch lange Zeit nicht klar, dass es sich hierbei um Klarträume handeln müsste - erst viel später habe ich davon gelesen, weil eine Freundin mir nicht glauben wollte, dass man tatsächlich so real träumen kann und dabei auch noch die Kontrolle hat. Mittlerweile schaffe ich es relativ oft, dass N im Traum absolut real für mich ist. Sehr aufregend sind diese Träume eigentlich nicht, sie dienen nur dazu, mich von anderen Dingen abzulenken und zu verhindern, dass ich von P träume. Jeder handelt nur davon, dass ich versuche, an Ns Seite einzuschlafen. Manchmal erzähle ich von meinem Tag, worüber ich mich ärgern musste, was mich traurig gemacht hat, und er dreht es für mich ins Positive oder lobt mich, wenn ich das selber übernehme. Ich weiß, dass es im Grunde meine eigenen Worte sind, aber ich finde es einfach schön, es aus seinem Mund zu hören, also stelle ich es mir einfach so vor. Mein Ziel ist es eigentlich nur, im Traum mit einem guten Gefühl einzuschlafen (ja, ich schlafe dann tatsächlich im Traum nochmals ein, das ist irgendwie etwas verwirrend zu beschreiben).
Rein aus Interesse habe ich dann auch in anderen Träumen des Öfteren versucht, die Kontrolle zu erlangen. Wenn N darin vorkommt, ist es relativ einfach, denn somit weiß ich, dass ich mich nur in einem Traum befinden kann. Alles andere wäre schließlich absurd. In solchen Träumen fällt es mir oft sehr leicht, sie zu kontrollieren. Manchmal scheine ich es zwar zu vergessen, aber dann sage ich mir wieder: "Hallo, du träumst doch gerade, wenn dir das nicht passt, dann ändere es doch einfach!" Allzu oft kommen diese Träume allerdings nicht vor, meistens konzentriere ich mich einfach auf meinen "Standard-Traum", damit ich einfach nur gut und erholsam schlafen kann.
Wenn man es hier so liest, wirkt es irgendwie ziemlich peinlich und erbärmlich, aber ehrlich gesagt habe ich mir darüber nie Gedanken gemacht. Es hat mir geholfen, also fand ich es eigentlich in Ordnung. Allerdings wurde mir auch schon gesagt, ich sollte dringend damit aufhören, in solch einer Traumwelt zu leben. Es wäre nicht normal. Nur Teenager träumen so was. Im Grunde wäre ich fast so etwas wie ein Stalker. Aber so schlimm finde ich das jetzt eigentlich gar nicht. Ich weiß doch, dass es nur Träume sind. Und ich wünsche mir bei Gott nicht, sie mögen wahr sein, ich bin ja kein Teenager mehr. Ich höre die Musik, besuche Konzerte, sehe mir neue Bilder an. Eigentlich halte ich mich für einen ganz normalen Fan. Ist es wirklich so falsch, mir auf diese Weise selber zu helfen?
Seit ein paar Jahren hatte ich in meinen Träumen also Ruhe vor P und ich dachte, ich wäre endlich mal darüber hinweg. Ich komme mir ja selbst schon lächerlich vor, so ein Theater daraus zu machen. Ich habe mittlerweile schon viel länger keinen Kontakt mehr zu ihm, als ich überhaupt mit ihm zusammen war. Aber vor einiger Zeit ging es wieder los. Ich kann mich an keinen Auslöser erinnern, aber plötzlich bin ich P im Traum auf offener Straße begegnet. Ich war gerade mit meiner Freundin unterwegs, da sah ich in draußen vor einem Café sitzen (im Grunde völlig unmöglich, da er meilenweit entfernt lebt). Ich blieb wie angewurzelt stehen und wusste sofort, dass es sich hierbei nur um einen Traum handeln kann. Und normalerweise schaffe ich es dann auch, die Kontrolle darüber zu haben, aber diesmal nicht. P kam auf mich zugerannt, hat mich vollgeschwatzt, wie glücklich er doch sei, mich endlich gefunden zu haben, dass es damals ein Fehler war und er es doch eingesehen hat, dass er mich die ganze Zeit zurückhaben wollte und es ihm so sehr leid tut. Ich hatte versucht, ihn zu ignorieren und mich stattdessen auf N zu konzentrieren, denn ich wollte das alles nicht hören, aber keine Chance. Mir ist es nicht mal ansatzweise gelungen, dagegen anzukämpfen.
Mittlerweile gab es mehrere solcher Träume. Ich bin irgendwo unterwegs und treffe ihn zufällig und er fängt mit derselben Leier an. Leider ertappe ich mich manchmal dabei, ihm sogar zu glauben. Ich WILL ihm gar nicht glauben, aber P redet so lange und so überzeugend auf mich ein, dass ich irgendwann gar nicht anders kann. Er überzeugt mich dann sogar davon, dass es sich doch nicht um einen Traum handelt. Erst vor Kurzem habe ich sogar meiner Freundin gesagt, dass ich nicht weiß, was ich von der Sache mit P halten soll und konnte mir anschließend einen Vortrag anhören, warum ich ihr das denn verschwiegen habe, dass P sich plötzlich gemeldet hat. Erst als ich mich fragte, warum sie davon nichts weiß, wenn sie doch neben mir stand, als P auf mich zukam, kam mir der Gedanke, dass es ein Traum gewesen sein muss. Irgendetwas läuft hier gewaltig schief! Wie kann es sein, dass es mir da einfach nicht gelingen mag, den Traum wirklich zu erkennen und zu kontrollieren? Eigentlich dürfte es doch kein Problem für mich sein, wenn ich doch ansonsten so geübt darin bin, dass ich es bei N total einfach finde!
Meine Schlafgewohnheiten haben sich eigentlich nicht geändert. Ich schlafe normalerweise um die 6 Stunden, manchmal bis zu 7, wenn ich mal wieder die Wecker im Schlaf abstelle, aber normalerweise fühle ich mich nach dem Aufwachen immer sehr frisch und erholt. Vielleicht könnte es daran liegen, dass ich manchmal aufwache, wenn meine Katzen sich wieder einbilden, mitten in der Nacht fangen spielen zu müssen? Ich habe sie erst, seit mir der eine letztes Jahr zugelaufen ist und ich nicht anders konnte, als ihn zu adoptieren... Ich sehe hier aber trotzdem keinen richtigen Zusammenhang, ich habe auch schon von P geträumt, als die Katzen ganz still und artig waren. Irgendwie äußerst seltsam, diese ganze Sache, und vor allem frustrierend!
Mehr fällt mir dazu nicht weiter ein. Aber ich denke auch, das reicht erst mal...
Danke an alle, die es bis hierhin geschafft haben! *
austeil*