@Der Unhöfliche
Der Unhöfliche hat geschrieben:
Also ich bin in letzter Zeit ziemlich viel von negativen Gedanken geplagt. Ich muss sagen, dass der Versuch Gedanken einfach auszuschalten durch Meditation oder so, meine Gedanken eher verstärken.
Das kann ich gut nachvollziehen. Ich habe für mich herausgefunden, warum das so ist:
Durch die Abwehr bringe ich noch mehr Energie in die Sache, die ich eigentlich nicht haben will. Das ist der Grund, warum man den Gedanken nicht los wird und er stattdessen noch intensiver wird. Denn ich muss mir ja ständig vergegenwärtigen, dass ich diesen oder jenen Gedanken nicht denken will. Genau das der Haken. Anders gesagt: Gedanken haben Ähnlichkeit mit Leim. Wenn du sie benutzt, kleben die Dinge an dir fest.
Meditation richtig angewendet, kann dabei eine große Hilfe sein. Ich möchte in diesem Zusammenhang hier gerne an die berühmte Null-Punkt-Meditation erinnern, bei der man mit seinem Aufmerksamkeitsfokus versucht, genau zwischen zwei Gedanken zu verharren. Das geht deswegen, weil jeder bemerkt, das Gedanken auftauchen und wieder verschwinden. Und dazwischen gibt es eine Lücke, die man erweitern kann, in dem man genau diesen Übergang beobachtet und versucht, mit seinem Aufmerksamkeitsfokus dort zu bleiben.
Für den zusätzlichen Fall des gewünschten Nichtauftauchens von bestimmten Gedanken hilft ein kleiner, in der Psychologie sehr bekannter und wirkungsvoller Trick, und der geht so:
Wie man nicht erwünschte Gedanken los wird
Angenommen es gibt einen Gedanken, den ich gerne vermeiden möchte. Dann gehe ich zunächst so vor, dass ich den Gedanken personifiziere, das heißt, ich gebe ihm einen konkreten Namen. Dabei spielt es keine Rolle, welcher Name das ist. Es geht allein um die Personifizierung. Ich nenne diesen Gedanken beispielsweise Felix. Und sobald ich bemerke, dass Felix versucht in meinen Aufmerksamkeitsfokus zu gelangen, spreche ich ihn an, als wäre er eine Person, und sage zu ihm (natürlich spreche ich die folgenden Worte nicht wirklich laut aus, es genügt völlig, wenn ich sie als stillen inneren Dialog ausspreche):
”Es tut mir leid, Felix, aber im Moment habe ich überhaupt keine Zeit, mich mir dir zu beschäftigen, weil ich gerade an etwas anderem interessiert bin. Wenn du magst, dann komme doch in 6 Stunden noch mal vorbei, und ich will sehen, was ich für dich tun kann. Du willst ja schließlich auch meine volle Aufmerksamkeit. Doch im Moment kann ich sie unmöglich auf dich richten, weil ich gerade mit etwas sehr Wichtigem beschäftigt bin. Vielen Dank für dein Verständnis.“
Allerdings musst du das schon überzeugend rüberbringen und es nicht nur im Stillen einfach heruntersabbeln im Sinne von "keine Zeit ... blah-blah-blah ... 6 Stunden oder so ... pi-pa-po". So funktioniert das nicht. Ich kenne Leute, die diesen Trick anwandten und gleich beim ersten Mal bemerkten, wie der zu vermeidende Gedanken augenblicklich an Kraft verlor und schließlich ganz verschwand.
Nach 6 Stunden habe ich meist vergessen, dass ich mich mit Felix beschäftigen wollte. Und sollte er dann tatsächlich auftauchen, wiederhole ich einfach das Gesagte noch mal. Je öfter ich das tue, umso mehr bemerke ich, wie es ”Felix“ nicht mehr gelingt, seine volle Intensität zu verbreiten, sprich mich mit Ärger zu überschütten. Schließlich bemerke ich, dass ich mit dieser einfachen Methode prinzipiell jeden meiner Gedanken und auch meine Gefühle in den Griff bekomme und ich nicht der Gnade ihres nächsten Erscheinens ausgeliefert bin.
Die Personifizierung hat den Vorteil, dass man den Gedanken noch mehr verdinglicht und es einem auf diese Weise gelingt, eine noch größere Distanz zwischen dir und dem Gedanken herzustellen.
Versuch´s mal, wenn du magst. Es funktioniert garantiert. Bei manchen Leute eher, andere brauchen dafür etwas länger.
Viel Erfolg beim Üben!