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Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 22:40
von Meikel
Käfig-Affen
Es waren einmal 6 Affen, die saßen in einem Käfig. Eines Morgens öffnete sich die Tür des Käfigs ganz von selbst. Sie ging einfach auf.
Der erste Affe fragte: "Was das wohl zu bedeuten hat?"
Der zweite Affe sagte: "Es ist ein Trick. Ein Trick, um uns aus dem Käfig zu locken und hinaus zu gehen."
Der dritte Affe sagte: "Ich habe gehört, dass das irgendwo schon mal passiert ist. Ich will Beweise, bevor ich rausgehe."
Der vierte Affe begann sofort den Gott der Affen um Unterstützung anzubeten.
Der fünfte Affe sagte: "Nur weil sich eine Tür öffnet, bedeutet nicht, dass da draußen irgendwas ist."
Der sechste Affe stand auf und ging hinaus und war für eine lange, eine sehr, sehr lange Zeit nicht mehr gesehen.
Viele Jahre später, als der sechste Affe zurückkam, erzählte und beschrieb er ausführlich, was er gesehen hatte. Erstaunliche, wundersame Dinge, wunderschöne Dinge, die vollkommen anders waren, als die Affen bis dahin angenommen hatten, geradezu unglaubliche Dinge.
Der erste Affe sagte: "Haste Beweise?"
Der zweite Affe sagte: "Wie können wir wissen, dass du uns nicht reinlegen und verleiten willst, auch durch die offene Tür zu gehen?"
Der dritte Affe sagte zum zweiten Affen: "Weise gesprochen, mein Freund, sehr weise. Wirklich intelligent!"
Der fünfte Affe nahm seine Gitarre und fing an das Lied zu spielen "Vorwärts, Christi Streiter.“
Viele Jahre später …
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 22:43
von Oni
..........
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 22:46
von Meikel
@Onikaan
Sein Verhalten nach der Rückkehr seines Kumpels ist nicht überliefert. Vielleicht hat er wieder seinen Gott um Unterstützung angebetet. Ist wahrscheinlich für die tiefere Bedeutung der Geschichte irrelevant.
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 22:50
von Oni
Da fällt mir auf. Wieso ist der 6. Affe zurückgekehrt und wieso bleibt er die vielen Jahre bei den Affen im Käfig um sie von dem was er sah zu überzeugen? Er könnte doch auch wieder gehen und sich daran erfreuen und die anderen Affen in Ruhe lassen. Offensichtlich wollen sie keinen Rat und sind mit ihrer Sicht zufrieden. Ist der 6. Affe einsam?
Edit: Was den vierten Affen betrifft: Vielleicht wurden seine Gebete erhört und er ist jetzt in anderen Sphären.
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 22:52
von Meikel
@Onikaan
Vielleicht sind die verbleibenden 5 Affen im Käfig die Einsamen.
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 22:55
von Oni
Das wäre natürlich möglich. Ihre Meinungen gehen ganz schön auseinander, nur bei einem einigen sie sich: Sie wollen den Käfig nicht verlassen.
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 23:00
von Meikel
@Onikaan
Vielleicht bedeutet das Verlassen des Käfigs sinngemäß etwas Neues dazulernen.
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 23:02
von Oni
Wurde der Käfig denn schon vollständig erkundet?
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 23:08
von Meikel
@Onikaan
Auch das ist nicht überliefert. Selbst wenn: Was wäre die Erkundung des Käfigs wert im Vergleich zur Erkundung dessen, was alles noch draußen ist? Dazu fällt mir eine Analogie ein: Was wäre, wenn die Affen Columbus davon abgehalten hätten, einfach loszusegeln? Was wäre, wenn die Affen alle Wissenschaftler und Erfinder davon abgehalten hätten, etwas Neues zu entdecken? Leben im Käfig muss wirklich sehr einsam machen. Kein Wunder, dass die Mehrheit der Affen so reagiert, wie in der Geschichte ...
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 23:25
von cube
Darf man die Geschichte auch weiterführen oder ist diese endgültig?
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 23:29
von Meikel
@cube
Du kannst mit der Geschichte gerne das machen, was immer dich zufriedenstellt. Sie ist bereits absolut. Jede Erweiterung oder Veränderung wäre eine neue, eine andere Geschichte und hätte mit dieser nichts mehr zu tun. Die tiefere Bedeutung der Geschichte erschließt sich nicht jedem, aber doch einigen.
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 23:34
von cube
Okay, also...
Viele Jahre später konnten sich die anderen 5 Affen auch dazu ermutigen, den Käfig zu verlassen. Und sie haben schöne Dinge erlebt, voll von wunderbaren Erfahrungen. Der 6. Affe hat solange im Käfig gewartet. Und als sie wiederkamen, haben sie berichtet, wie schön das war. Alles, was sie erlebten, ihre persönliche Erfahrung! Das erzählten sie dem 6. Affen. Nur er hat vollkommen andere Erfahrungen gemacht und wollte nicht, dass die anderen 5 Affen ihre Weltansicht behalten. Er versuchte sie zu belehren. Anfangs wollten die anderen 5 Affen noch diskutieren. Aber irgendwann merkten sie, dass es kein Sinn machte. Sie wollten, dass der 6. Affe sich von der Herde trennt. Nur er blieb standhaft und so gab es nurnoch Chaos im Käfig.
Leider ohne happy end. Aber trotzdem.
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 23:41
von Meikel
@cube
Wie es aussieht, sind die Affen in deiner Folgeschichte nur in einem anderen Käfig gelandet. Das soll ja vorkommen. Das ist aber nicht gemeint mit dem Wunderschönen, dem Unbegreiflichen, dem Vielfältigen, was der 6. Affe gesehen hat bzw. was man ihm gezeigt hat.
Hast du schon mal etwas von Platon´s Höhlengleichnis gehört?
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 23:49
von cube
Aber ich kenne die Geschichte. Und auch die Affen wissen, in welch schönem Paradis sie gelandet sind. Frei von Einschränkungen und Halbwahrheiten. Voll von schönen Erfahrungen. Und stell dir vor, aus dem Käfig raus: Haben sie Artgenossen kennengelernt. All die Affen haben gemeinsam gelebt, während der 6. Affe immernoch im Käfig war. Gekränkt von möglichen Wahrheiten, die wohl nur er erlebt hat. Wahrscheinlich unwahre Wahrheiten. Vielleicht kommt der 6. irgendwann zu Vernumpft. Alle anderen Affen beten für ihn.
Ne habe ich nicht.
Käfig-Affen
Verfasst: 29.01.2016, 23:51
von Meikel
@cube
Wenn du die Geschichte erweiterst, dann erlaube ich mir das auch:
Der 6. Affe hat nach seiner Rückkehr seinen Kumpels u.a. erzählt, das ein gewisser Columbus etwas Neues entdeckt hat. Dafür haben sie ihn erschlagen und aufgefressen.
Ein anderer "Affe", genannt Giordano Bruno, hat den Menschen im 16. Jahrhundert erzählt, dass die Erde nicht der Mittelpunkt des Sonnensystems ist. Dafür haben sie ihn auf dem Dorfplatz öffentlich verbrannt.
Wahrheit sagen bringt nicht immer das gewünschte Ergebnis.
Wer auf dem Pfad der Wahrheit wandert, wandert oft lange allein.